1a 1b 1c 1d 1e 1f 1g 1h 1i 1j 1k 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 (350x280 Pixel / 41.871 Bytes)
Morgenlied* eines Bauermanns,
mit Anmerkungen von meinem Vetter
   darin er mich zum besten hat.

Da kömmt die liebe1 Sonne wieder,2
   Da kömmt sie wieder her!3Sie schlummert nicht4 und wird nicht müder,5
   Und läuft doch immer sehr.6

Sie ist ein sonderliches Wesen;7
   Wenn´s morgens8 auf sie geht,
Freut sich der Mensch und ist genesen9
   Wie beim Altargerät.10

Von ihr kommt Segen und Gedeihen,11
   Sie macht die Saat so grün,12
Sie macht das weite Feld sich neuen,13
   Und meine Bäume blühn.14

Und meine Kinder15 spielen drunter,
   Und tanzen ihren Reihn,16
Sind frisch und rund und rot und munter,17
   Und das macht all ihr Schein.18

Was hab ich dir getan du Sonne!
   Daß mir das widerfährt?19
Bringst jeden Tag mir neue Wonne,20
   Und bin´s fürwahr nicht wert.21

Du hast nicht menschliche Gebärde,22
   Du issest nicht wie wir;23
Sonst holt ich gleich von meiner Herde
   Ein Lamm24 und brächt es dir,

Und stünd und schmeichelte von ferne:25
   »Iß und erquicke dich,2627 liebe Sonn, ich geb es gerne,28
   Und willst du mehr, so sprich.«29

Gott in dem blauen Himmel oben30
   Gott denn belohn es dir!31
Ich aber will im Herzen loben32
   Von deiner Güt und Zier.33

Und weil wir ihn nicht sehen können,34
   Will ich wahrnehmen sein,35
Und an dem edlen Werk erkennen36
   Wie freundlich37 er muß sein!

Oh! bis mir denn willkommen heute,
   Bis willkomm schöner Held!38
Und segn39 uns arme40 Bauersleute,
   Und unser Haus und Feld.41

Bring unserm König heut auch Freude,42
   Und seiner Frau dazu,43
Segn ihn und tu ihm nichts zuleide,44
   Und mach ihn mild wie du!45

----------------

* Es ist mir lieb, Vetter, daß Euch auch die Sonne das Herz einmal warm gemacht hat; mit dem Mond habt Ihr genug geliebäugelt, und ihre Herrlichkeit ist doch größer. Vielleicht wird mancher andre gute Bauersmann des Morgens im Felde oder vor seiner Hütten Tür, wenn er die Sonne sieht aufgehn, Euer Lied anstimmen, und das laßt Euch nicht leid sein. Aber, Ihr seid ein belesener Mann! oder Ihr seid auch tief- sinniger als ich gewußt habe, und eine von den  [...] davon die Platoniker schreiben. Alles, was Ihr in Eurem Liede sagt, das haben die größten Männer, und die berühmtesten Polyhistores des Altertums gesagt, haarklein und von Wort zu Wort. Ich bin erstaunt darüber, aber es ist wahr; wo ich aufschlage, in welcher Sprache und Zunge, da treffe ich Euch. Für diesmal nur eine kleine Probe an den Griechen. 1  [...] Proclus. L. I. in Timaeum. 2  [...] Homerus. 3  [...] Thukydides. 4 -  [...] Homerus, und ein Ausleger:  [...]  [...]  [...] Heraclides Ponticus, Allegorine Homericae. 5  [...] etc. Homerus. 6  [...] ------ -- [...] Orpheus. 7 Orpheus nennt die Sonne  [...]  [...] : im Suffimen Solis. Dionysius Areopagita drückt ihr sonderlich Wesen so aus:  [...]  [...] und der Jude Philo vergleicht sie mit der Wolkensäule:  [...]  [...] in vita Mosis. Am besten aber scheint mir der Kaiser Julianus Eure Idee gefaßt zu haben:  [...]  [...] -  [...]  [...] etc. denn ich könnte ihn ganz herschreiben, so sehr sympathisiert er mit euch. 8  [...] Heraclitus. 9  [...] Euripides. Ich habe die liederlichen Kerle in Lybien auch nur immer für halbe Menschen gehalten:  [...]  [...] Stobaeus. 10  [...] Orpheus. 11 --  [...] Hymnus in Solem. 12  [...] Stobaeus. c. 19. de coloribus, in Eclogis physicis. 13 --  [...] Dyonysius Areopagita. 14 --  [...] Orpheus. 15  [...] Aristoteles. 16  [...] Homerus. 17 -  [...]  [...] Dyonysius Areopagita; und Euer Freund Julius sagt kurz:  [...]  [...] 18  [...]  [...] Proclus. Man pflegte sie deswegen zu grüßen: -  [...]  [...] Macrobius Saturnal. I.; und in der alten Liturgie hieß sie:  [...]  [...] 19 Mir fällt hiebei ein, was Apollodorus vom Herkules erzählt, als er die beiden bekannten Säulen am Ende der Welt zu einem Mal seiner grand Tour hingestellt hatte und wieder heimkehrte:  [...]  [...]  [...]  [...] 20  [...] Euripides. 21  [...] Sophokles. -  [...] Pindarus. 22 Orpheus im Suffimen Solis:  [...] -  [...] : ist freilich nicht menschliche Gebärde. 23  [...] Julianus über die Sonne. 24  [...] sagt ein Pindari Scholoastes: Orpheus brachte lieber einen -  [...]  [...] : de Lapidibus: aber Euer Lamm wird auch nicht verworfen werden, bringt nur oft eins, alter Schmeichler, und wenn du einmal nicht hast, kannst Du bei mir holen. 25  [...] Homerus. 26  [...] Homerus. 27  [...] -  [...]  [...] Sotion apud Neandrum, 28  [...] Homerus. 29  [...] Phocylides.  [...]  [...] Pindarus. 30  [...] Orpheus.  [...] Homerus. 32  [...] Proclus. 33  [...] Aesopus. 34  [...] -  [...]  [...] Orpheus. 35  [...] Hermes Trismegistus apud Justinum. 36  [...]  [...]  [...] Dionysius Areopagita de Divinis Nominibus. 37  [...] Zoroaster apud Eusebium. 38  [...] Hymnus in Solem. 39  [...] apud Eusebium. 40  [...] Sappho apud Triphonem grammaticum. 41  [...] Homerus. 42  [...] Hermippus. 43  [...] Homerus. 44  [...] Bion. 45  [...]  [...]  [...]  [...] Epictetus. Lebt wohl Vetter! ich bin Euer Diener und Verehrer.  [...]  [...]

-------------------------------

Abendlied eines Bauermanns Das schöne große Taggestirne Vollendet seinen Lauf; Komm wisch den Schweiß mir von der Stirne, Lieb Weib, und denn tisch auf! Kannst hier nur auf der Erde decken, Hier unterm Apfelbaum; Da pflegt es abends gut zu schmecken, Und ist am besten Raum. Und rufe flugs die kleinen Gäste, Denn hör, mich hungert´s sehr; Bring auch den kleinsten aus dem Neste, Wenn er nicht schläft, mit her. Dem König bringt man viel zu Tische; Er, wie die Rede geht, Hat alle Tage Fleich und Fische Und Panzen und Pastet; Und ist ein eigner Mann erlesen, Von andrer Arbeit frei, Der ordert ihm sein Tafelwesen Und präsidiert dabei. Gott laß ihm alles wohl gedeihen! Er hat auch viel zu tun, Und muß sich Tag und Nacht kasteien, Daß wir in Frieden ruhn. Und haben wir nicht Herrenfutter; So haben wir doch Brot, Und schöne, frische, reine Butter, Und Milch, was denn für Not? Das ist genug für Bauersleute, Wir danken Gott dafür, Und halten offne Tafel heute Vor allen Sternen hier. Es präsidiert bei unserm Mahle Der Mond, so silberrein! Und kuckt von oben in die Schale Und tut den Segen h´nein. Nun Kinder esset, eßt mit Freuden, Und Gott gesegn es euch! Sieh, Mond! ich bin wohl zu beneiden, Bin glücklich und bin reich!

-------------------------------

Der grosse und der kleine Hund, oder Packan und Alard Ein kleiner Hund, der lange nichts gerochen Und Hunger hatt, traf es nun Und fand sich einen schönen Knochen Und nagte herzlich dran, wie Hunde denn wohl tun. Ein großer nahm sein wahr von fern: »Der muß da was zum Besten haben, Ich fresse auch dergleichen gern; Will doch des Wegs einmal hintraben.« Alard, der ihn des Weges kommen sah, Fand es nicht ratsam, daß er weilte; Und lief betrübt davon, und heulte, Und seinen Knochen ließ er da. Und Packan kam in vollem Lauf Und fraß den ganzen Knochen auf. Ende der Fabel »Und die Moral?« Wer hat davon gesprochen? -- Gar keine! Leser, bist du toll? Denn welcher arme Mann nagt wohl am einem Knochen, Und welcher reiche nähm ihn wohl? Anselmuccio Ist gar ein holder Knabe, er! Als ob er´s Bild der Liebe wär. Sieht freundlich aus, und weiß und rot, Hat große Lust an Butterbrot, Hat blaue Augen, gelbes Haar, Und Schelm im Nacken immerdar, Hat Arm´ und Beine, rund und voll! Und alles, wie man´s haben soll. Nur eines fehlt dir, lieber Knabe! Eins nur: Daß ich dich noch nicht habe.

-------------------------------

Nachricht vom Genie Ein Fuchs traf einen Esel an, »Herr Esel!« sprach er, »jedermann Hält Sie für ein Genie, für einen großen Mann!« »Das wäre!« fing der Esel an, »Hab doch nichts Närrisches getan.« Serenata, im Walde zu singen Solo Wenn hier nur kahler Boden wär, Wo itzt die Bäume stehn, Das wäre doch bei meiner Ehr! Ihr Herrn nicht halb so schön. Denn wäre um uns her kein Baum, Und über uns kein Zweig, Denn wäre hier ein kahler Raum, Und ich marschierte gleich. So bin ich wie ein Fisch im Meer, Und bleibe gerne hier. Vivant die Bäume um uns her! Der Zweig hier über mir! A due voci Und zählen kann ein Mensch sie nicht, Sind ihrer gar zu viel; Und jeder macht e grün und dicht, Und jeder macht es kühl. A tre voci Und jeder steht so stolz und kühn, Und streckt sich hoch hinan, Dünkt sich, die Stelle sei für ihn, Und tut sehr wohl daran. Recitativo Es pflegen wohl die reichen Leut Auch Wald zu machen gern; Fugato Da pflanzen denn, die Läng und Breit, Die klug und weisen Herrn In eine lange Reihe hin Gar künstlich Baum und Strauch; Und meinen denn in ihrem Sinn, Sie hätten´s würklich auch. Recitativo Noch kömmt ihr Gärtner Lobesan, Den sie zu han geruhn, Und schneidet mit der Schere dran, Wie Schneidermeister tun. Tutti Jedoch ihr Wald ist Schneiderscherz, Trägt nur der Schere Spur, Und nicht das große volle Herz Von Mutterlieb Natur! Tuttissimi Und nicht das große volle Herz Von Mutterlieb Natur! Ist purer puter Schneiderscherz, Trägt nur der Schere Spur. Choral Hoch sitzt im Sofa der Baron, Der Schweizer an der Tür, Die Fürsten sitzen auf dem Thron, Und wir, wir sitzen hier, Auf bloßer Erde, feucht und kalt! Und wir, wir sitzen hier, Und freun uns über diesen Wald, Und danken Gott dafür.

-------------------------------

Kunz und der Wucherer W.: Ein gut Gewissen, Freund, ist eine große Gabe! K.: Und gute Zähne auch! Gottlob daß ich sie habe.

-------------------------------

No. 1. Des alten lahmen Invaliden Görgel sein Neujahrswunsch Sie haben mich dazu beschieden, So bring ich´s denn auch dar: Im Namen aller Invaliden Wünsch ich ein fröhlich Jahr Zuerst dem lieben Bauernstande; Ich bin von Bauern her, Und weiß, wie nötig auf dem Lande Ein fröhlich Neujahr wär. Gehn viele da gebückt, und welken In Elend und in Müh, Und andre zerren dran und melken; Wie an dem lieben Vieh. Und ist doch nicht zu defendieren, Und gar ein böser Brauch; Die Bauern gehn ja nicht auf vieren, Es sind doch Menschen auch; Und sind zum Teil recht gute Seelen. Wenn nun ein solches Blut Zu Gott seufzt, daß sie ihn so quälen; Das ist fürwahr nicht gut. Ein fröhlich Jahr den Fürsten, Die nach Gerechtigkeit, Nach Menschlichkeit und Wohltun dürsten; Der Fürsten Ehrenkleid! Sie sind in diesem Ehrenkleid Wie Gottes Engel schön! Und haben selbst die meiste Freude; Sonst muß ich´s nicht verstehn. Ein fröhlich Jahr und Wohlbehagen Dem Fürsten unserm Herrn! Der auch in unsern alten Tagen Noch denket an uns gern; Der als ein Vater an uns denket Auf seinem Fürstenthron, Und uns des Lebens Pflege schenket! Dank ihm und Gotteslohn! Und seinen Untertanen allen, Wir sind ja Brüder gar, Uns lieben Brüdern Wohlgefallen Und ein recht gutes Jahr! »Und allen edlen Menschen Friede Und Freud auf ihrer Bahn! Ich segne sie in meinem Liede, So viel ich segnen kann; Und fühl in diesem Augenblicke Den lahmen Schenkel nicht, Und steh und schwinge meine Krücke, Und glühe im Gesicht.«

-------------------------------

Phidile, als sie nach der Kopulation allein in ihr Kämmerlein gegangen war Ach, Gottes Segen über dir! Weil Du ihn mir gegeben, Du schwarzer Mann! Mein Herz schlug mir Nie so in meinem Leben. Und meinen Wilhelm schlug es auch! - Als ihn der Pfarrer fragte, Und das nach hergebrachtem Brauch Von Glück und Unglück sagte; Da sah er her mit Ungestüm, Als wollt er mich umfangen; Die hellen Tränen liefen ihm Wohl über seine Wangen. - Ja, Wilhelm, ich bin auch bereit, Ich will dich nicht verlassen! Von nun an bis in Ewigkeit, Will ich dich nicht verlassen. Will immer um und bei dir sein, Will Not und Tod nicht scheuen! Mein trauter Wilhelm! du allein Kannst meine Seel erfreuen, Und sollt allein! drauf ruf ich Gott Zum Zeugen hier hernieder. Und nimmt mich oder dich der Tod, So finden wir uns wieder!

-------------------------------

Wächter und Bürgermeister In einer Stadt ein Wächter war, Wo? hab ich nict gefunden, Der blies da schon manch liebes Jahr Des Nachts und rief die Stunden; Und zwar war das sein Methodus: Er tat das Horn aufs MAul und blus, Und denn pflegt´ er zu sagen: »Das Klock hat zehn geschlagen.« Einmal nun, eh er sich´s versah, War Wipp, der Rathausdiener, da: Gleich marsch zum Bürgermeister! »Was ruft Er denn so falsch und dumm? Der Klock heißt´s, Bärenhäuter! Denn Klock ist genris masculum, So ruf Er also weiter!« »Ihr Exzellenz und Hochgeborn Hat in der Stadt zu schalten; Sonst hätt ich wohl ein Wort verlorn: Der Klock reimt nicht zu meinem Horn; Drum will ich das Klock halten.« »Er will nach einer solchen Tat Noch wider den Hochweisen Rat Ein Wort und Obstat wagen? Im Namen unsrer guten Stadt: Will Er bald der Klock sagen? Das genus hat Er uns verhunzt All unsre Ehr zerreißt Er! Meint Er, man trägt das Schwert umsunst? Ich schätze Wissenschaft und Kunst! Und bringst mich da in solche Brunst« - »Der Klock, Herr Bürgermeister!«

-------------------------------

(239x409 Pixel / 42.613 Bytes) Trinklied Eine oder etliche Stimmen: 1 Auf und trinkt! Brüder trinkt! Denn für gute Leute Ist der gute Wein, Und wir wollen heute Frisch und fröhlich sein. Auf und trinkt! Brüder trinkt!:: Stoßet an, und sprecht daneben: »Alle Kranke sollen leben!« Coro von Anfang 2 Herrlich ist´s hier und schön! Doch des Lebens Schöne Ist mit Not vereint, Es wird manche Träne Unterm Mond geweint. Herrlich ist´s hier und schön!:: »Allen Traurigen und Müden, Gott geb ihnen Freud und Frieden« Coro von Anfang 3 Auf und trinkt, Brüder trinkt! Jeder Bruder lebe, Sei ein guter Mann! Fördre, tröste, gebe, Helfe wo er kann. Auf und trinkt! Brüder trinkt!:: Armer Mann, bang und beklommen! Ruf uns nur, wir wollen kommen. Coro von Anfang 4 Seht, denn seht! Brüder seht! Gott gibt uns ja gerne, Ohne Maß und Ziel, Sonne, Mond und Sterne, Und was sonst noch viel. Seht, denn seht! Brüder seht! Armer Mann, bang und beklommen! Sollten wir denn auch nicht kommen? Coro Armer Mann, armer Mann! Bange und beklommen! Wollen´s gerne tun Wollen gerne kommen, Ruf uns nur. Und nun Auf und trinkt! Brüder trinkt. NB. Für Andres. Hör, dies Lied hab ich zu einer Melodie gemacht, und darum ist es hin und wieder etwas steifer und intrikater geworden, als grade nötig gewesen wäre. Wenn Du´s singen willst, wär´s doch wohl gut, daß Du die Melodie hättest; ich will sehen, ob ich sie Dir begreiflich machen kann. Merk also: die Melodie geht aus G-Dur; in jedwedem Takt sind zwei Viertel; un die großen Buchstaben sollen Viertel vorstellen, und die kleinen Achtel. Hätte Dir das auch nicht sagen dürfen, denn wenn in einem Takt, wo nur zwei Viertel sein sollen, vier Noten vorkommen, so können´s nicht Viertel sein, das gibt die Regel- detri. Die Melodie muß aber etwas geschwind vonstatten gehen, und denn könnten Könige und Kaiser wohl mitsingen. Einen Baß fühlst Du wohl selbst heraus. eeee eeee D D C c H H- H h H- A a a * , G- , , , , , , , ,3 D D D- c *C H h H- a a A * , , , , , G , , D- ,3 E D. d D c c C C. c H H h h A * , , , , , , ,3 eeee D D D C C c H H H- H h A A a a * , , , G- , , , , , , ,3 eeee D c C C H- H h H- H- a a A A * , , , , , , , , G- ,3 Nachricht von meiner Audienz beim Kaiser von Japan Der geneigte Leser weiß aus dem 1. und 2. Teil meiner Sämt- lichen Werke, was zwischen mir und dem Kaiser von Japan für eine Konnexion ist und wie sich das angesponnen hat. Wer hätte es aber denken sollen, daß eine Art von Romanze, die ich hier oben auf der Weltkugel geschrieben habe, mich hunten nach der andern Seite bringen würde? und da liegt doch Jedo des Kaisers seine Residenz, hier grade unter Wandsbeck, und da bin ich ge- wesen. Wie gesagt, wer hätte das denken sollen? Ich für mein Teil hab´s nicht gedacht, wie ich auch damals in der Zueig- nungsschrift geäußert habe. Aber, wenn etwas sein soll so muß sich alles darnach haben und fügen, und so ging´s auch hier. Mein Vetter kam auf´m Morgen zu mir: »Hört Vetter, ich hab´s auf dem festen Lande satt; wollt Ihr mit zur See gehen?« Ich hatte eigentlich keine Lust, aber ich kann ihm nichts ab- schlagen, und so zog ich mich an und ging mit ihm zur See. Als wir nun auf der Höhe von China kamen, sie nennen´s nur Höhe ist aber eigentlich flache See, und einige Tage in den Zimmet- und andern Spezereigerüchen hin und her geschifft waren, kam mein Vetter wieder: »Gelt, so was wird Euch zu Hause nicht ge- boten? aber hört Vetter, wir sind nun nicht weit von Japan, der Kaiser ist ja Euer Patron; wollen wir nicht vollends hin- fahren?« Ich sagte wieder ja und wir fuhren hin, und auf die Weise bin ich nach Japan gekommen, das die Einwohner Nippon nennen. Ich mag die Leser mit den Ebenteuern unsrer Reise nicht aufhalten, ´s wird auch schon in andern Reisebeschreibungen alles viel besser stehen. Die Hauptsache ist, daß wir unter- wegs gewaltig viel Wasser angetroffen haben, und mir für Freude der Schweiß ausbrach, als ich wieder Land untern Füßen fühlte. In einem Wirtshaus unterwegens, Capspranz genannt, ist der Wein sehr gut, recht sehr gut, das muß ich sagen. Die Schildwache in Japan hielt uns nicht lange auf, und wir kamen bald in die Stadt. Sie liegt am Hafen und heißt auf japansch Nagasaki. Wir blieben acht Tage da und sahen alles, was merkwürdig war, den Tag über an; ich habe auch noch ver- schiedenes davon aufgeschrieben und ordentlich die Konterfeis dazu gemacht, und des Abends studierte mein Vetter die japan- sche Mythologie und Philosophie, und ich den japanschen Kalen- der. Unterdes kam ein Gerücht in der Stadt aus, ich weiß nicht durch wen, ich will aber wohl glauben, daß mir mein Vetter selbst diesen Streich gespielt habe, er hat seine Lust an sol- chen Dingen, diesmal wär es aber bald übel für uns abgelaufen; ich hab´s ihm auch auf dem Rückwege oft recht ernstlich zu Ge- müte geführt, und rundheraus zu ihm gesagt: »Pamphile, Pam- phile! er wäre bald übel abgelaufen.« Er gab mir aber zur Ant- wort: »Es wäre bald -- also ist´s doch gut abgelaufen. Wie kann denn etwas übel ablaufen? Ihr habt doch Japan gerne ge- sehn, nicht wahr Vetter?« darin hat er nun recht, Japan hab ich gerne gesehn, aber es kam also ein Gerücht aus, daß ein großer Gelehrter und Polyhistor aus Europa, der alle Schriften gelesen und geschrieben, mit seinem Famulus in Japan ange- kommen sei. Das Gerücht ist vermutlich weiter ins Land gegan- gen, und wir erhielten Ordre, nach Hofe zu kommen. Mich ahndete bei dem allen nicht viel Gutes, aber mein Vetter lachte dazu, und nannte mich von nun an gewöhnlich Ihr Magnifizenz! Ich wollte mit ihm Abrede nehmen, was ich bei der Audienz und was er sagen wollte; er ließ sich aber auf nichts ein, und ich mußte ihm sehr lange gute Worte geben, bis er endlich noch drein willigte, daß, wenn der Kaiser etwas fragte was der große Polyhistor nicht wüßte, ich ihn denn ansehn und er mir die Antwort ins Ohr sagen sollte; »aber«, setzte er hinzu, »Ihr Magnifizenz müssen´s höchstens nicht mehr als zweimal tun, sonst sag ich´s dem Chan, warum Dieselben mich ansehen.« Ich hab´s auch nur einmal getan, und alles lieber selbst beantwortet so gut ich denn gekonnt habe. Vieles von dem, was ich bei der Audienz vorgebracht habe, hatte ich vor- her gelegentlich von meinem Vetter gehört, oder aus seinen Papieren behalten, und das übrige ist zum Teil schlecht genug; aber bei dem allen war´s doch nicht anders, als wenn sein Geist bei der Audienz in mich gefahren wäre. Denn sonst hätt ich das auch nicht vorbringen können was ich noch vorgebracht habe. Wir hatten schon in Nagasaki gehört, daß der Chan ein guter Herr sei, aber von lauter argen Schmeichlern umgeben, und daß sonderlich ein gewisser Albiboghoi, der dem Chan seine Serail- angelegenheiten besorgte, und ohngefähr soviel als Hofjunker oder Hofmarschall tituliert ward, von allen den argen Schmeichlern der ärgste und ´n rechter Ausbund und böser Mann sei, und gerade der introdizierte und bei der Audienz. Auf dem Wege von Nagasaki nach Jedo sahen wie verschiedene sonderbare japanische Tiere, als Kirims, Kaitsus, Tatsdrias, Tatsmakis, und gewaltig viele Hunde, die in Japan größtenteils keine Herren haben und als Privatpersonen für sich leben. Bei einem Walde, nicht weit von Jedo, trafen wir von den grünen Fibakarris an, aus denen eine berühmte Arzenei gemacht wird, und weiterhin auf einigen Bäumen am Wege verschiedene Affen. Einer von diesen hatte einen Menschenschädel und spielte damit. Mein Vetter warf einen Stein auf den Affen und der Schädel fiel herunter; der Unterkiefer fehlte daran, sonst war er ganz »Steckt ihn bei«, sagte mein Vetter zu mir, »wir wollen ihn begraben wenn wir heimgekommen, daß er wenigstens nun Ruhe habe; der arme Junge ist vielleicht genug in seinem Leben gehudelt worden.« Das freute mich sehr. Mein Vetter ist ´n großer Liebhaber von Naturalien, und ich dachte gewiß, er würde den Schäde l in seinen Muschelschrank legen wollen, und das wäre mir nicht recht gewesen. Aber so geht´s mir immer wenn ich seine Absichten erraten will, er hat mich allemal zum Narren, und darum hab ich ihn eben so lieb. Ich steckte also den Schädel bei, und wir gingen vollends nach Jedo. Gleich den andern Tag holte und der Albiboghoi ab zur Audienz, wie folget. Ich habe zuweilen das Japansche mit beigesetzt, damit man die gewaltige Energie dieser Sprache sehe, und sonderlich des x und der :, samt wie so überall der spiritus asper steht und nirgends ein kleines n, etc. etc. Es könnte zwar der Zweifel aufgeworfen werden; wie ich so geschwind Japanisch gelernt hätte? ´s gibt aber bei dem ganzen Vorgang noch mehr Zweifel zu lösen, wer daran seine Lust hat. Das ist aber bei dieser Nachricht meine Absicht nicht gewesen und ich bin überzeugt, daß um ihretwillen der Kaiser von Japan selbst, wenn ihm diese Nachricht zu Gesicht kommen sollte, mir nicht würde ungnädig werden; hab´s auch nicht verdient, und so kann sie der Leser, dünkt mich, sich auch gefallen lassen. Übrigens hatte ich bei der Audienz meine rote Weste an und ein langes japansches Kleid, und mein Vetter trug mir die Schleppe. Die Audienz Der Hofmarschall Albiboghoi: ´LimaNeli ´Haschmu ´WaNschbok. Ich habe die Ehre Ew. Majest. den Sieur Asmus aus Wandsbeck untertänigst zu präsentieren. Ich machte hier eine tiefe Verbeugung vor dem Chan; er ist lang und schön, und sah gegen den Albiboghoi aus wie ´n Engel. Der Chan: ´Tame ´Haschmu. :´Portolabi ´Paehu. Sei er willkommen, Sieur Asmus. In der Grundsprache nannte der Chan mich eigentlich nicht Er sondern Sie, vermutlich weil er mich für ´n Gelehrten hielt, und wenn ich das wäre hätte ich auch geradezu Sie übersetzt, denn ´n Gelehrter muß immer Sie heißen und nicht Er; so aber habe ich lieber Er sagen wollen, damit man nicht meine, ich wolle groß damit tun, daß mich der Kaiser von Japan Sie genannt hat. Es ist mir angenehm, Ihn in meinem Lande zu sehen. Aber wie ist Er auf den Einfall gekommen, mir eine Romanze zu dedizieren? Asmus: ´Mui `Pia Neti. Ich habe von Natur einen besondern Respekt für die Potentaten, die weit weg sind. Der Chan: ´Tamiba ´Temibo. Kommt Er durch Norden oder durch Süden zu uns? Asmus: ´TemibaNu ´Karuzu. Wird wohl durch Süden sein, Sire, denn es ist sehr heiß gewesen. Der Chan: ´HaifatuNeti. Hat Er eine vergnügte Reise gehabt? Asmus: ´Haifatusolum ´RofuNo. Man hat allemal eine vergnügte Reise, wenn man hingeht, einen guten Fürsten und ein glückliches Volk zu sehen. Der Chan: ´Hoi ´Kirwimme. ´Katosta. ´Healobe ´Kepipi. Ja, Künste und Wissenschaften werden hier im Lande geehrt. Ich liebe und belohne sie. Er hat sich, wie ich höre, besonders der Poesie gewidmet? Asmus: ´Schamfusu. Ich-bit-te-Ew.-Maj.-un-ter-tä-nigst um Vergebung. Ich ward bei dieser Frage ganz verlegen, und wußte nicht was ich dem Chan antworten sollte. Sagst du nein, dacht ich, so könnte er die Dedikation ungnädig nehmen, und sagst du ja, so ist´s eine Reservatio mentalis, und ich hatte keine Lust auf asiatischen Grund und Boden zu faseln. Und in solchen Fällen ist´s würklich recht gut, daß es Redensarten gibt die weder ja noch nein sagen. Der Chan: ´ANoti ´Piprase. ´WaNschbok ´Heomo. Ich habe mir Seine Romanze übersetzen lassen, und sie mit Vergnügen gelesen. Das Wandsbeck muß ein angenehmer Ort sein. Asmus: ´Heomeo. Ganz angenehm Sire. Der Chan: ´Hussiput ´Pipis. Gibt es viele Poeten in Europa? Ich sah meinen Vetter an. Mein Vetter mir ins Ohr: Poeten genug; große und kleine, und Ihr seid einer von den kleinen. Asmus: ´Pipise ´Brame ´Miose ´Mioseti. Poeten genug; große und kleine, und ich bin einer von den kleinen. Der Hofmarschall: ´NipoNpi ´GaboNé ´FereNuzzi ´SchomfusiNùu. Der japanische Poet Gabon ist ohne Zweifel der größte von allen Poeten, denn er hat sich an den größten Gegenstand gewagt und Ew. Majest. erhabenes Lob und Dero Serails und Hofes Glanz und Herrlichkeit alleruntertänigst besungen. Mein Vetter mir ins Ohr: Gabon heißt er, merkt Euch den Namen. Ihr könnt ihn künftiges Jahr in den Leipziger Musenalmanach schicken, oder an des sel. C. G. Jöchers Erben. Der Chan: ´Helmore ´Misasi. Was sind in Europa für Anstalten, sich in der Poesie zu perfektionieren? Asmus: ´SchemiNa ´BoNte ´SchemiNto. Wir haben da einen schönen Himmel und eine schöne Erde, Sire, und eine heilige Religion. Der Chan: ´Habuse ´Pipi. Wie hängt das mit den Poeten zusammen? Asmus: ´Timsch. Ich meine, eigentlich sehr nahe. Der Chan: ´KermeiNe ´Lumpipi. Was versteht Er denn eigentlich unter Poeten? Asmus: ´WaruNe ´SchemiNa ´BoNte ´SchemiNto ´Hazitzit. Helle reine Kieselsteine, an die der schöne Himmel, und die schöne Erde, und die heilige Religion anschlagen, daß Funken herausfliegen. Der Chan: ´Pizotto. ´Borai ´Haquirla. ´Tim ´HaquirlirumaNo. Er wird am besten wissen was Er sagt. Aber wie steht´s mit der Philosophie? Man sagt hier, daß die Philosophen in Europa auf allen vieren gehen. Asmus: ´Habu: ´Kipuffer.:. In ihren Schriften vielleicht; die hab ich nicht gelesen. In natura ist mir doch eben keiner so begegnet. Es soll zwar vor einiger Zeit einer diesen Gang in Vorschlag gebracht haben, bei unsrer Abreise war er aber, soviel ich weiß, noch unter ihnen nicht eingeführt. Der Chan: ´Laila ´Haquirla, ´Putosi ´BumoNe. ´SchemiNto. Es ist ein gut Ding um die Philosopie! Sie klärt ein Land auf, und ist vortrefflich gegen Alfanz und Aberglauben, ganz vortrefflich. In meinem Lande steht sie obenan, neben der Religion. A propos macht man in Europa viel aus Religion? Asmus: ´Priprasai. Viel und wenig, Sire, wie man´s nimmt. Der Chan: ´Ruzzi ´Haquirli ´BudsdoNe. Hier machen die Philosophen den Priestern viel zu schaffen. Der Hofmarschall: ´Atulamai: ´MemiNolulu:. ´CramaiNe ´Ritozzo. Ich muß bei dieser Gelegenheit einen alleruntertänigsten Gedanken äußern, den ich schon oft gehabt habe: Ob nämlich Ew. Majest. nicht einmal darangehen wollen, eine neue brauchbare Religion zu machen? Die Zeiten scheinen dazusein. Der alte Aberglauben meckert wie ein Ziegenbock im dunkeln, und ihm scheint selbst nach Ew. Majest. erhabnen Lumières die Zeit lang zu werden. Es lief mir eiskalt über den Leib, als ich ihn so leichtfertig von seiner Religion sprechen hörte, und ich tat heimlich einen Seufzer zu Gott, daß er ihm seinen Unverstand nicht zurechnen wolle. Der Chan: ´Aika ´RumNa ´SemNilo ´Potokai ´Jettasch. Wahr ist es, die alten Fabeln von dem Geschlecht der drei und sieben himmlischen Götter, die zuerst, und von den fünf Halbgöttern, die nach ihnen Japan so viele tausend Jahre regiert haben, von den zwölf Jettas oder Himmelszeichen usw. sind würklich wider aller gesunder Vernunft. Asmus: ´Rambafito: ´Fitosai `PuN::. Es ist der Weltlauf, Sire, daß einige Leute Fabeln und Anordnungen machen, und andre Leute darüber lachen und sie wieder abschaffen. In Europa hat man aber viele Bespiele, daß die letzten nicht immer die Klügsten gewesen sind. Die Mißverständnisse in der Welt kommen gewöhnlich daher, daß einer den andern nicht versteht. Der Hofmarschall: ´Ormito ´Isitataki. Ah! der Vogel Isitataki! das ist ein gar vernünftiger artiger Vogel gewesen. Was der Chan da sagte von den drei und sieben himmlischen Göttern, das sagte er nicht so aus seinem Kopf her; das ist würklich die alte Tradition der Japaneser, mein Vetter hat das alles in ihrer Mythologie gefunden. Es wird aber so erzählt: der erste von diesen Göttern sei ein Sohn des Chaos gewesen, seine allersubtilste Kraft als es zuerst anfing sich zu bewegen, und hernach habe immer ein Gott den folgenden durch Hülfe der über- und unterhimmlischen Elemente auf eine verborgene Weise generiert, bis endlich der siebente, Isanami, in ein leibliches Wesen übergegangen sei, und die unter Menschen gewöhnliche Art sein Geschlecht fortzupflanzen von dem Vogel Isitataki gelernet habe. Weiter kamen nun fünf Halbgötter etc. Das ist freilich dunkel; ich denke aber, wenn´s deutlicher hätte sein sollen, hätten´s die Leute ja wohl deutlicher gesagt. Der Chan: ´BisiNami ´Burro. Aber der Isanami muß ein gar einfältiger Herr gewesen sein! Der Hofmarschall: ´Aio ´Roosi ´Sete. Freilich, Roosis Scharfsinn scheint ihm nicht beigewohnt zu haben. Roosi ist Stifter der einen berühmten philosophischen Sekte in Japan, und Sjaka der Stifter der andern. Sjaka lehrte, daß die Seele unsterblich und die Tugend der Weg zur Glückseligkeit sei in dieser und jener Welt. Roosi aber war ´n Bruder Studio; er lachte über die Tugend und über jene Welt, und statuierte, daß man nichts Klügeres tun könne, als sich´s in dieser recht gut schmecken lassen, und daß Leute von Verstand und Bon Ton es von jeher auch so gehalten hätten. Der Narr hat auch den Stein der Weisen gesucht, damit er und seine Gesippschaft recht lange liederlich sein könnten. Der Chan: ´BoNoNte ´Roosi ´Matoddo. In Europa kennt man vermutlich den Roosi und seine Lehre nicht? Hier findet sie allgemein Beifall, Sieur Asmus. Asmus: ´Hogsutjo ´Rosoli. Den findet sie überall, Sire! und wird ihn finden, solange die Welt steht, denn sie leuchtet jedem gar zu natürlich ein. Der Chan: ´SomeNto ´Filete ´Oschsa ´PituNi ´QuirlischemiNto. Die Welt ist, wie ich höre, sich überall gleich. So wird´s auch wohl in Europa an Einwendungen und Zweifeln gegen die Religion nicht fehlen? Asmus: ´LeschschoNg ´BalmaNeraku ´Tif. Herr Lessing hat noch ganz neuerlich in seinem vierten Beitrag verschiedene Zweifel eines Ungenannten bekanntgemacht, davon einige recht gelehrt und artig sind, Er hat sie aber widerlegt. Der Chan: ´Tif. Hat er sie widerlegt? Asmus: ´Hairo, ´Pulote. Nicht eben förmlich; denn er ist unparteiisch. Der Chan: ´Butoquirle. Herr Lessing gehört doch auf die Bank der Philosophen? Asmus: ´Ruto: Habussi ´Ruf. Ich wollte aber doch raten, daß Ew. Maj. ihm lieber seinen eignen Stuhl setzten. Die gewöhnlichen Bänke passen nicht für ihn, oder vielmehr er paßt nicht für die Bänke, und sitzt sie alle nieder. Der Chan: ´LamaiNowe. Wie hat er´s denn eigentlich bei den Zweifeln gemacht? Asmus: ::´Xipulxo:. Wie er´s immer macht, Sire. Er meint, wer recht hat wird wohl recht behalten; der soll´s aber auch behalten, und darf das freie Feld nicht scheuen! und also läßt er die Zweifel mit Ober- und Untergewehr aufmarschieren: marscheirt ihn degegen! So ´n Trupp Religionszweifel ist aber wie die Klapperschlange, und fällt über den erten den besten wehrlosen Mann her; das will er nicht haben, und darum het er gleich jedem Zweifel einen Maulkorb umgetan, oder wenn Ew. Maj. den Maulkorb etwa nicht leiden können, er hat jedwedem Zweifel ´n Felsstück mit scharfen Ecken in den Hals geworfen, daran zu nagen, bis sich irgendein gelehrter und vernünftiger Theologe rüste. Und, sagt er, ehrlich gegen den Feind zu Werk gegangen! und schreie niemand Victorie wenn er ´n alten rostigen Musquedonner einmal mit losem Kraut abgebrannt hat! Und besetze keiner ein größer Terrain als er soutenieren kann, und als der Fuß der Religion bedarf! etc etc. Der Chan: ´HaleschschoNg ´Seira. ´NipoNipol. Herr Lessing gefällt mir. Sollte er wohl Lust haben nach Japan zu gehen? Asmus: ´OrpauNex. Ich weiß nicht, Sire! wenigstens müßten Ew. Majest. ihm die Conditions sehr bündig und detailliert vorlegen lassen, denn er mag gern alles hell und klar mit seinen Augen sehn. Der Chan: ´TuNepioNe: ´Bambalté. Ich würde ihm gewiß mehr halten als ich ihm versprochen hätte, und er vorher vermuten könnte, Die förmliche Widerlegung der Zweifel ist also doch nicht gekommen. Asmus: ´Sammata, ´Fammulo. Noch nicht, soviel ich weiß, wird aber vielleicht noch kommen, vielleicht zögert sie aberauch noch; das muß man abwarten Sire. Der Chan: ´Repisi. Ihm scheint an dieser Widerlegung nicht sonderlich viel gelegen zu sein? Asmus: ´I. Gar nichts, Sire. Der Chan: ´Pipetoi. Die Poeten sind gewöhnlich Spötter und schlechte Heilige; es geht hier auch so. Asmus: ´AruNze::´PolPiter ´BreNhaNum. Das nun ist hier der Fall eben nicht. Ich sehe aber, nach Herrn Lessings elektrischen Funken, die Religion als eine Arzenei an, und den Zweifler als den Doktor Peter, und den Widerleger als den Doktor Paul, die beiderseits die Arzenei vor sich auf dem Tisch liegen haben und darüber streiten. Der Chan: ´BreNzeha. Und wozu will er die beiden Doktors brauchen? Asmus: ´:: ´XaNPolPiter: ´RobeNu. Wenn ich nun krank und elend neben dem Tisch und den beiden Doktors stünde und gerne geholfen sein wollte, und der Doktor Paul behielte recht, so würde ich doch nicht gesund werden wenn ich die Arzenei nicht einnähme; und nähme ich sie ein und sie wäre gut, so würde ich gesund werden und wenn auch der Doktor Peter recht behielte. Und also ist das Rechtbehalten nur für die Herren Auditores, das Einnehmen ader die eigentliche Sache, und ein einziger Patient, Sire, der gesund worden wäre, würde, auch für die Herren Auditores, mehr beweisen und schaffen, als hundert Siege des Pauls über die Peters. Der Chan: ´Aibapirre. Das ist wohl wahr; aber das Einnehmen ist so unangenehm und genant. Asmus: ´Bugedompo, ´BaloNi. Nun so bleibt man krank; aber das Gefühl dr Gesundheit ist doch so herrlich, Sire! und eines Versuchs und, sonderlich für einen Mann, des bißchen bittern Geschmacks wohl wert. Der Chan: ´Soibe, ´Barballa. Ich habe nichts dagegen. Aber auf etwas anders zu kommen wie viele Weiber hat ein Mann in Europa? Asmus: ´U. Nur eine Sire. Der Chan: ´SoNe ´Vi. Nur eine? Damit kommen wir nicht aus, Herr Hofmarschall. Der Hofmarschall: ´Hami NoperliNo. Ich bin glücklich, daß ich einem Herrn diene, dem ich täglich neue Proben meiner Devotion geben kann. Asmus: ´Umbatafo ´BaboNu. ´s ist auch ´n Volk in Europa das damit nicht auskommt, aber wir halten es besser nur eine zu haben. Der Chan: ´Talla ´Le ´Sulto. Und warum denn das? Vier Kanarienvögel singen doch mehr Töne als einer. Asmus: ´Nasul: ´Xaremo:. Es ist uns aber nicht ums Singen allein bei den Kanarienvögeln; sie müssen uns auch den ganzen Tag auf Hand und Schulter hüpfen, uns aus dem Munde essen und aus unserm Becher trinken: Mit einem Wort Sire, wir sehen die Weiber auch als unsre Freunde an, und lieben sie von ganzem Herzen; und kann der Kaiser mehr als eins von ganzem Herzen lieben? Der Chan: ´Ip. Es ist etwas darin. Asmus: ´SpaNaNamube::´Homi. Bei den Vielweibern hat auch selten ein Mann so viele Kinder als bei uns, und gibt es was Schöners und Herzlichers in der Natur, als ´n Vater in einem großem Schwarm von Kindern und neben sich das Weib das sie ihm alle geboren hat? Mein Vetter bei sich selbst:  [...] Der Chan: ´Craimi ´Bugio. Was sagen Sie dazu, Herr Hofmarschall? Der Hofmarschall: ´Puleste ´BalsaNte ´WermiNti. Für den Pöbel mag´s gelten; aber ein Fürst muß in allen Stücken groß und frei sein. Er ist der Gärtner in seinem Garten, und wo er eine schöne Blume sieht, wenn sie auch schon an jemmandes Busen säße, da nimmt er sie mit hoher Hand und geht weiter. Mein Vetter bei sich selbst: God bless my soul, what does that rascal say! Mir ins Ohr: Fragt doch den Herrn Hofmarschall einmal, wie er das meint? Asmus: ´Saimia ´Pup. Wie meinen Ihr Exzellenz das? Der Hofmarschall: ´Saimo ´Tipo. Wie ich´s meine? -- was meint Er? Asmus: ´KeturNoba. Ja, ob es zum Exempel auch recht ist, wie Ihr Exzellenz zu sagen belieben? Der Hofmarschall: ´JopetiNos, ´TurNoba. Was den Fürsten gelüstet ist recht, und seine Neigungen sind Winke der Götter. Asmus: ´Mui. Die armen Untertanen also? Der Hofmarschall: ´Amui ´Epurepez. Was Untertanen! die braucht man wozu sie gut sind und wozu die Götter sie gegeben haben. Asmus: ´Saimi ´Repezzo ´Bi. Und wozu meinen Sie, daß die Götter sie gegeben haben, ich bitte Ew. Exzellenz um Gottes willen. Der Hofmarschall: ´Bialte ´PoluNho. Wozu? -- regiert zu werden, dem Fürsten zu Gebot zu stehen. Wozu sonst? Mein Vetter mir ins Ohr: Sagt ihm, daß die Götter keine Hofmarschälle sind. Asmus: ´Nepi ´Bugiosi. Die Götter sind keine Hofmarschälle, Ihr Exzellenz. Der Chan lachte, aber ich hätte das nicht sagen sollen. Es war doch spöttisch, und ich merkt es dem Albiboghoi auch wohl an, daß er mir deswegen keine Pension geben würde, wie der geneigte Leser auch gleich merken wird. Der Chan: ´BamaNe, ´Jura. Aber Sieur Asmus, was soll ich Ihm für Seine Dedikation für eine Gnadenbezeugung machen? Der Hofmarschall: ´Ater ´Sioka ´Mavai. Dürfte ich untertänigst vorschlagen, ob Ew. Majest. ihm nach der löblichen Gewohnheit einiger Ihrer großen Vorfahren die Gnade angedeihen lassen, daß er sich in Ihrer hohen Gegenwart den Leib aufschneiden dürfe. Asmus: ´Mavai ´Po. Den Leib aufschneiden? ich verstehe Ew. Exzellenz nicht. Der Hofmarschall: ´Ater ´Amave ´PioNha. Der Kaiser will Ihm gnädigst erlauben, daß Er sich hier in Gegenwart den Leib aufschneiden darf. Asmus: ´Ama. Was für ´n Leib Ihr Exzellenz? Der Hofmarschall: ´Blusima ´RomiNo. Einfältige Europäer, Seinen eignen, da unter der schönen roten Weste. Asmus: ´Laimi ´Pi ´ZoNti ´Korkuzo. Ich bitte Ew. Exzellenz, nehmen Sie mir das nicht ungnädig. Ich bin ein Königlich-Dänischer Untertan und will´s mir gehorsamst verbeten haben. Mein Vetter: ´Bre ´Mistr ´Burru ´Bar. Hört Herr Hofmarschall, treibt Euern Mutwillen mit den Japanesern wenn Ihr´s nicht besser haben wollt, meinem Herrn habt Ihr nichts zu befehlen. Asmus leise zu meinem Vetter: Vetter! Vetter! wir sind in Japan. Mein Vetter zu mir: So sind wir ja am rechten Ort närrischer Kerl. Die Weiber müssen sich doch zuweilen den Kaiserschnitt gefallen lassen, so werdet Ihr wohl nicht bange sein? Mir war gar nicht wohl. Mein Leib war mir lieb, und dazu dacht ich, was wird Frau Rebekka sagen? Der bösliche Kaiserschnitt ist würklich sonst in Japan Mode gewesen. Der Kaiser Buretz, der im sechsten Jahrhundert regiert hat, pflegte den schwangeren Frauen zur Lust mit eigner Hand den Leib aufzuschneiden; er ließ Leute lebendig oben in den höchsten Bäumen aufhängen und denn mit Pfeilen nach ihnen schießen, oder auch die Bäume unten absägen. In Siam ist 1689 ein Priester aus Pegu an eine Pfahl geschlossen, und lebendig aufgeschnitten worden, und große Hunde haben ihm die Därme aus dem Leibe fressen müssen usw. Das alles ging mir im Kopf herum, und mir war, wie gesagt, gar nicht wohl. In der Angst fühlte ich, wie man bei solchen Gelegenheiten wohl tut, auf meiner roten Weste und in allen Taschen herum, und zog von ohngefähr den Schädel heraus, und als ich die Augen darauf schlug, fiel mir ein was mein Vetter von »gehudelt werden« sagte, und mir kan eine Empfindung ins Herz die ich nicht beschreiben kann, daß ich hätte mögen um mich hauen, und zu gleicher Zeit die Hände sinken lassen und bitterlich weinen. Ich trat mit dem Schädel vor den Albiboghoi: Asmus: Wie gefällt er Ew. Exzellenz? Der Chan: Was hat Er da Sieur Asmus? Asmus: Es ist ´n Menschenschädel, lieber Kaiser, der Unterkiefer fehlt daran, sonst ist er ganz. Wir haben ihn auf dem Wege gefunden und wollen ihn begraben, wenn wir heimkommen, daß er wenigstens nun Ruhe habe. Der arme Junge ist vielleicht in seinem Leben genug gehudelt worden. Der Chan: Mir graut wenn ich ihn ansehe. Asmus: Mir nicht. Ich habe dem Mann in seinem Leben kein Leid getan. Der Chan: Wer war er, Albiboghoi? und leben noch von den Seinen? Asmus: Er war ´n Mensch, lieber Kaiser! und sein Leben und Glück in dieser Welt war deiner Hand anvertraut. Alle Japaneser sind seine Brüder, und alle Siamer, und Chineser, und Malaien, und Moguln, und wir Europäer auch. Ich sage dir Dank im Namen der Europäer, für alles Liebes und Gutes was du ihm getan hast. Er ist nun tot, und wenn er tugendhaft und fromm gewesen ist, hat er´s nun besser als wir. Wir müssen aber alle sterben. Der Hofmarschall: Ihro Maj. dürfen ihn nicht länger in den Ton fortreden lassen. Die Hofetikette leidet´s nicht. Mein Vetter bei sich selbst: Damn´d Courtier! Asmus: Ja, du lieber Kaiser, alle Menschen sind Brüder. Gott hat sie alle gemacht, einen wie den andern, und gab ihnen diese Welt ein, daß sie sich darin bis weiter wie Brüder miteinander freuen und liebhaben, und glücklich sein sollten. Sie konnte sich aber nicht vertragen und taten sich untereinander allerhand Unrecht und Herzeleid an; da wählte Gott die besten, die edelsten unter ihnen aus, die demütig, weise, gerecht, reines Herzens, gütig, sanftmütig und barmherzig waren, und verordnete sie, bei den übrigen Vaterstelle zu vertreten. Und das sind die Fürsten, Kaiser und Könige. Der Hofmarschall: Ihro Maj. erlauben Sie ihm doch -- Der Chan: Was denn Herr Hofmarschall? Der Hofmarschall: Daß er sich den Leib aufschneide. Das wird ihn auch auf andre Gedanken bringen. Der Chan: Ihr habt ja gehört, daß er keine Lust hat. Laßt mir aber zwanzig Goldbarren bringen. Sieur Asmus, Seine Philosophie gefällt mir, aber ein Fürst hat doch Recht und Macht über seine Untertanen, und sie müssen ihm gehorchen? Asmus: Freilich müssen sie ihm gehorchen, in allen Stücken, ohne Widerrede, und nicht allein den gütigen und gelinden, sondern auch den wunderlichen. Aber eben weil sie das müssen, wählt Gott gute Leute zu Fürsten, die keinem Menschen etwas zu nahe tun können. Der Chan: Aber Zorn und die andern Leidenschaften Sieur Asmus! Und überhaupt, wie kann ein Mensch immer wissen und tun was recht ist? Asmus: Ein guter Fürst fürchtet Gott, und bittet von ihm Weisheit, daß er wohl regieren möge; und denn gibt ihm Gott Weisheit und salbt ihm sein Herz mit hoher himmlischer Gesinnung, und denn kann er alles, und achtet keiner Mühe, vergißt sich und seine eigne Glückseligkeit ganz und gar und lebt und webt nur für sein Volk. Der Chan: Aber was hätte man denn davon, Fürst zu sein? Asmus: Frage die Sonne, was sie davon hat, Tag und Nacht um die Erde zu gehen. Und siehe, sie geht! fröhlich wie ´n Bräutigam, und vom Aufgang bis zum Untergang triefen ihre Fußstapfen von Segen. Der es ihr geheißen hat, wird sie auch daür zu belohnen wissen. Stelle dir ein weites Land vor, lieber Kaiser, wo in jeder kleinen Hütte vergnügte Leute wohnen, die ihren Fürsten liebhaben, alle Morgen ´n Abendsegen für ihn beten, und gerne ihr Leben für ihn ließen -- möchtest du nicht der Fürst sein? Und das ist nur so ´n kleiner Vorlaut des Lohns. Ein guter Fürst soll und kann von Menschen nicht belohnt werden; er sitzt mit den Göttern zu Tische. Der Chan: Sind die Fürsten alle so in Europa? Asmus: Kaiser, ich bin zu gut, eine Lüge zu sagen; ich weiß es nicht. Die aber so sind, die haben sanften Schlaf, und sind angenehm im Himmel und auf Erden. Der Chan: Er hat wohl recht, Sieur Asmus! Es muß ein Vergnügen sein, wenn man den Untertanen recht und wohl getan, und ei jedwedem, der einem begegnet, einen Dank zugute hat. So ein Schädel mag denn auch besser anzusehen sein. Ich hätte fast selbst Lust -- Asmus: Gott segne dich, Kaiser, und walte über dich. Du wirst dich zum glücklichsten Mann in deinem ganzen Reich machen, das ist gewißlich wahr! Und denk an mich, lieber Fürst, wenn du dich einmal so ruhig und wohlgemut in den Beinhäusern deines Reichs hinsetzen kannst, als ´n Vater frühmorgens in der Schlafkammer seiner Kinder, wenn ´s kleine Gesindel noch in den Betten herumliegt und schläft. Der Chan: Aber warum wären denn nicht alle Fürsten so, und immer alle so gewesen? Mein Vetter bei sich selbst:  [...] Asmus: Wer kann das sagen Sire? Weil sie´s nicht wissen, weil sie´s nicht können. Es hält bei jedem ehrlichen Mann schwer, klug zu werden, da unsereiner doch täglich und auf mancherlei Weise seiner Sterblichkeit erinnert und so oft mit der Nase drauf gestoßen wird -- und nun dies und das, und nun die Kratzfüßer und Schmeichler. Oh! die haben schon manchen guten Fürsten auf ihrer Seele. Der Chan: Wie könnte Schmeichelei so viel schaden? Asmus: Hast du wohl eher eine Katze gesehn? Je mehr man der den Rücken streichelt, desto höher hält sie den Schwanz. Der Chan: Und weiter. Asmus: In jedem Menschen ist eine solche Katze, Sire, und klein und niedrig muß der Mensch zuvor sein, sonst kann er nicht groß und gut werden. Die Schmeichler machen´s umgekehrt, und es ist schwer ihnen zu entrinnen. Wir haben in Europa unter andern eine König, Kanut, den Großen genannt, nicht sowohl weil er Länder erobert, als weil er einmal seine Hofleute, die ihm schmeichelten, öffentlich und ernstlich gescholten und mit Verachtung von sich gewiesen hat. Es ist davon ein eignes Kupferstich zu haben. Laß dich die Schmeichler nicht verführen lieber Kaiser, und glaube ihnen nicht. Sie sagen dir nicht was recht ist sondern was du gerne hörst, und es wäre doch schade um deine schöne Krone wenn du sie je durch Unrecht entehren solltest. Sieh um dich und wenn du einen Mann in deinem Reich findest, lieber Kaiser, der dir immer die Wahrheit sagt, auch wenn du sie nicht gerne hörst; der ist der rechte Mann, den wähle du dir zu deinem Freund und ehr ihn hoch, denn er ist´s wert, und achtet und liebt dich mehr weder sie alle. Die Goldbarren wurden hereingebracht. Der Chan: Da, Sieur Asmus, sind zwanzig Goldbarren, nehm Er die zum Andenken von mir an. Asmus: Ich danke dir, Sire. Ich kann sie nicht fortbringen; und überdem hab ich Goldbarren genug zu Hause. Der Chan: Ich kann Ihn nicht unbeschenkt von mir lassen; so bitte Er sich sonst von mir eine Gnade aus. Sie betreffe was sie wolle, bei meiner Krone! ich will sie Ihm gewähren. Asmus: Weil der Kaiser befiehlt, so will ich gehorchen. Diese Gnade betrifft aber den Albiboghoi, und bitte um eins von seinen Ohren. Der Chan: Er soll´s haben. Der Chan klingelte, daß sein Chirurgus gerufen würde. Der Hofmarschall zu mir:´Opupi ´Laipu ´Olemia ´Pipasi ´Piposi. O du allerweisester Europäer! Du allergrößter Philosoph! und Poet! und Prophet! Ich bete dich in meinem Herzen an, und habe dich lange in meinem Herzen angebetet. Sei mein Freund, ich habe allelei Kleinodien, und Diamanten, und schöne Mädchen, und Schmaragden, und Landgüter, und Perlen. Komm doch, und sieh es an und wähle. Asmus: ´AruNha ´Terremehu. ´Katalba. ´Waita ´Kirozzi. Ich kann von Ew. Exzellenz nichts brauchen als das Ohr, und das will der Kaiser mir geben. Übrigens daurst du mich, Albiboghoi, weil du so´n schlechter Mann bist, und könntest an der Stelle wo du stehst so viel Gutes schaffen, und könntest es selbst so gut haben! -- Das eine Ohr ist nicht mehr zu retten, mache nur daß du das andre mit Ehren trägst. Der Hofmarschall sehr heftig: Quelle bête! Cependent il attrapera mon oreille, diable m´emporte. Diable, diable! Mais mon dieu, Sa Majesté Japonoise si éclairée comment a pû-t-elle accorder une grâce comme ç à un fanfaron d´Europe! Er konnte also Französisch, und sprach´s auch recht gut aus soviel ich davon verstehe; doch kehrte er gleich zu seiner Muttersprache zurück, und fuhr mit Ungestüm fort und schlug dabei die Hände übern Kopf zusammen: ´Pairuzzo ´KrapoNti. Aber das ist Unrecht, himmelschreiendes Unrecht! Mein Vetter: ´JopetiNos ´TurNoba. »Was den Fürsten gelüstet ist recht, und seine Neigungen sind Winke der Götter.« Der Bediente sagte an, daß der Chirurgus dasei, und der Chan gin hinaus und hieß den Albiboghoi nachfolgen. Der Chan im Hinausgehen ´CapsuNo ´Aschmu. Will Er den Kopf auch, Sieur Asmus? Asmus: ´A ´Waita. Nur das Ohr, Sire! Der Albiboghoi schien von meiner Antwort mehr erbaut zu sein als von der Frage des Kaisers, und folgte ihm langsam, und wie es anzusehen war, sehr ungerne nach. Wie er nun so hinausging, dauerte er mich doch fast; und wenn ich nicht geglaubt hätte ´n Gotteslohn mit dem Ohr zu verdienen, ich hätte selbst wieder dafür gebeten. Unterdes war´s mir sehr lieb, daß die Operation draußen geschahe. Als sie hinaus waren, ließ mein Vetter die Schleppe fallen und trat vor mir hin: »Aber Vetter, so wahr ich Euer Famulus bin, Ihr seid viel gescheuter in Asia als Ihr in Europa seid! Was doch das Klima tut! Übrigens habt Ihr einen Kuß bei mir zugut. Kommt, wollen´s gleich abmachen.« Indem kam der Chan wieder herein und hinter ihm das abgeschnittene Ohr in einer Porzellandose. Er nahm gleich Abschied, und war so gnädig mir seine Hand zu geben Der Chan: Leb Er wohl, Sieur Asmus! Er läßt einen Freund in Japan zurück. Grüß Er Herrn Lessing -- und hier ist das Ohr des Albiboghoi! Asmus: Lebe wohl, Gott segne dich, und gebe dir langes Leben! Ich steckte das Ohr bei, und blieb stehen und hielt noch des Chan seine Hand. Asmus: Ich habe noch eins auf dem Herzen, Sire. Wir haben in Nagasaki so viele Soldaten und Kanonen gesehn: wenn du irgend umhinkannst, lieber guter Fürst, so führe nicht Krieg. Menschenblut schreiet zu Gott und ein Eroberer hat keine Ruhe. Und damit drückte ich ihm seine Hand, bückte mich und ging weg, und die Tränen standen mir in den Augen. Sobald wir zurück nach Nagasaki kamen, tat ich das Ohr in Spiritus, und band das Glas mit einer Blasen zu. (252x413 Pixel / 28.082 Bytes) Täglich zu singen Ich danke Gott, und freue mich Wie´s Kind zur Weihnachtsgabe, Daß ich bin, bin! Und daß ich dich, Schön menschlich Antlitz! habe; Daß ich die Sonne, Berg und Meer, Und Laub und Gras kann sehen, Und abends unterm Sternenheer Und lieben Monde gehen; Und daß mit denn zumute ist, Als wenn wir Kinder kamen, Und sahen, was der heil´ge Christ Bescheret hatte, amen! Ich danke Gott mit Saitenspiel, Daß ich kein König worden; Ich wär geschmeichelt worden viel, Uns wär vielleicht verdorben. Auch bet ich ihn von Herzen an, Daß ich auf dieser Erde Nicht bin ein großer reicher Mannm Und auch wohl keiner werde. Denn Ehr und Reichtum treibt und bläht, Hat mancherlei Gefahren, Und vielen hat´s das Herz verdreht, Die weiland wacker waren. Und all das Geld und all das Gut Gewährt zwar viele Sachen; Gesundheit, Schlaf und guten Mut Kann´s aber doch nicht machen. Und die sind doch, bei Ja und Nein! Ein rechter Lohn und Segen! Drum will ich mich nicht groß kastein Des vielen Geldes wegen. Gott gebe mit nur jeden Tag, Soviel ich darf zum Leben Er gibt´s dem Sperling auf dem Dach; Wie sollt er´s mir nicht geben! * Lückenbüsser Man will bemerken, daß die Stummen Nicht deutlich sprechen, sondern brummen.

-------------------------------

Als C. mit dem L. Hochzeit machte Das Liseli sieht so freundlich aus, Will heute Hochzeit machen; Ein Engel Gottes soll ihr Haus Und ihren Hof bewachen! Soll ihren edlen Mann und sie Ire lebelang bewachen, Und´s gute fromme Liseli Und ihn recht glücklich machen! Und soll euch liebe Kinderlein Die Hüll und Fülle gebe: Von Herzen, zart und fromm und rein, Und hold und schön daneben! Und Feund L--- soll euch dort Am Berge kopulieren; Und ich will hier an meinem Ort Trompet und Pauke rühren.

-------------------------------

Der Maler der den Sokrates gemalt hatte Sonst treff ich alle. Sagt mir an: Warum nicht auch den Einen? Antwort: Sei erst, wie er, ein größer Mann, Sonst male nur die Kleinen. Der Mann im Lehnstuhl Saß einst in einem Lehnstuhl still Ein vielgelehrter Mann, Und um ihn trieben Knaben Spiel Und sahn ihn gar nicht an. Sie spielten aber Steckenpferd, Und ritten hin und her: Hopp, hopp! und peitschten unerhört, Und trieben ´s Wesen sehr. Der Alte dacht in seinem Sinn: »Die Knaben machen´s kraus; Muß sehen lassen wer ich bin.« Und damit kramt´ er aus; Und machte ein gestreng Gesicht, Und sagte weise Lehr. Sie spielten fort, als ob da nicht Mann, Lehr, noch Lehnstuhl wär. Da kam die Laus und überlief Die Lung und Leber ihm. Er sprang vom Lehnstuhl auf, und rief Und schalt mit Ungestüm: »Mit dem verwünschten Steckenpferd! Was doch die Unart tut! Still da! ihr Jungens, still, und hört! Denn meine Lehr ist gut.« »Kann sein«, sprach einer, »weiß es nit, Geht aber uns nicht an. Da ist ein Pferd, komm reite mit; Denn bist du unser Mann.«

-------------------------------

Auskunft über diesen Holzschnitt 1) Böte mit Subskribenten 2) Ein plattes Fahrzeug mit den Exemplaren des dritten Teils. 3) Eine Gallion darauf sich die Herren Collecteurs befinden. 4) Eine Jacht darauf sich die Herren Gelehrten und Trompe- ten und Pauken befinden. 5) Eine dito mit denen Herren Buchhändlern. Da ich ihnen nach meinen Umständen nicht auf eine andre Art gefällig sein kann, so habe ich mir hier die Ehre von ihnen ausbit- ten wollen. 6) Herr Ahrens, der dem Geruch der kalten Küche nachgeht. 7) Ein Haus darin die ganze Gesellschaft, wenn sie wieder an Land kömmt, mit kalter Küche und allerhand Erfrischun- gen bedient werden soll. 8) Eine Partei Digestivpulver nach dem Souper. 9) Meine alte Muhme die sich über die Fete nicht genug wun- dern und freuen kann. 10) Ein armierter Schoner mit den Herren Kritikern und Re- zensenten. Sie sind hier auf den Strand geraten, und ich und Andres suchen sie wieder flottzumachen. 11) Der Nachdrucker des 1. und 2. Teils der am Ufer hin und her läuft und nach dem platten Fahrzeug hinsieht, wie eine Henne die junge Enten ausgesessen hat. Ihm soll hernach von allem reichlich vorgesetzt werden, und Herr Ahrens soll ihn bei der Gelegenheit vermahnen. Nach der Krankheit 1777 Ich lag und schlief; da fiel ein böses Fieber Im Schlaf auf mich daher, Und stach mir in der Brust und nach dem Rücken über, Und wütete fast sehr. Es sprachen Trost, die um mein Bette saßen; Lieb Weibel grämte sich, Ging auf und ab, wollt sich nicht trösten lassen, Und weinte bitterlich. Da kam Freund Hain: »Lieb Weib, mußt nicht so grämen, Ich bring ihn sanft zur Ruh«: Und trat ans Bett, mich in den Arm zu nehmen, Und lächelte dazu. Sei mit willkommen, sei gesegnet, Lieber! Weil du so lächelst; doch Doch, guter Hain, hör an, darfst du vorüber, So geh und laß mich noch! »Bist bange, Asmus? -- Darf vorübergehen Auf dein Gebet und Wort. Leb also wohl, und bis auf Weidersehen!« Und damit ging er fort. Und ich genas! Wie sollt ich Gott nicht loben! Die Erde ist doch schön, Ist herrlich doch wie seine Himmel oben, Und lustig drauf zu gehn! Will mich denn freun noch, wenn auch Lebensmühe Mein wartet, will mich freun! Und wenn du wiederkömmst, spät oder frühe, So lächle wieder, Hain! Den Pythagoras betreffend Hinz und Kunz Hinz Sie machen vom Pythagoras viel Wesen, Als wär ein solcher Mann noch nie gewesen. Er ist vielleicht ein Lumen bei den Alten; Doch sollt er uns die Stange halten? Was meinst du, Kunz, auf deine Ehr? Kunz Das tät er schwerlich, Herr Compeer!

-------------------------------

(425x332 Pixel / 36.382 Bytes) Die Geschichte von Goliath und David, in Reime gebracht 1 War einst ein Riese Goliath Gar ein gefährlich Mann! Er hatte Tressen auf dem Hut Mit einem Klunker dran, Und einen Rock von Drap d´argent Und alles so nach advenant. 2 An seinen Schnurrbart sah man nur Mit Gräsen und mit Graus, Und dabei sah er von Natur Pur wie der --- aus. Sein Sarras war, man glaupt es kaum, So groß schier als ein Weberhaus. 3 Er hatte Knochen wie ein Gaul, Und eine freche Stirn, Und ein entsetzlich großes Maul, Und nur ein kleines Hirn; Gab jedem einen Rippenstoß, Und flunkerte und prahlte groß. 4 So kam er alle Tage her, Und sprach Israel Hohn. »Wer ist der Mann? Wer wagt´s mit mir? Sei Vater oder Sohn, Er komme her der Lumpenhund, Ich bax ´n nieder auf den Grund.« 5 Da kam in seinem Schäferrock Ein Jüngling zart und fein; Er hatte nichts als seinen Stock, Als Schleuder und den Stein, Und sprach: »Du hast viel Stolz und Wehr, Ich komm im Namen Gottes her.« 6 Und damit schleudert´ er auf ihn, Und traf die Stirne gar; Da fiel der große Esel hin So lang und dick er war. Und David haut´ in guter Ruh Ihm nun den Kopf noch ab dazu. Trau nicht auf deinen Tressenhut, Noch auf den Klunker dran! Ein großes Maul es auch nicht tut: Das lern vom langen Mann; Und von dem kleinen lerne wohl: Wie man mit Ehren fechten soll.

-------------------------------

Rheinweinlied Bekränzt mit Laub den lieben vollen Becher, Und trinkt ihn fröhlich leer. In ganz Europia, Ihr Herren Zecher! Ist solch ein Wein nicht mehr. Er kommt nicht her aus Hungarn noch aus Polen, Noch wo man franzmännsch spricht; Da mag Sankt Veit, der Ritter, Wein sich holen, Wir holen ihn da nicht. Ihn bringt das Vaterland aus seiner Fülle; Wie wär er sonst so gut! Wie wär er sonst so edel, wäre stille Und doch voll Kraft und Mut! Er wächst nicht überall im deutschen Reiche; Und viele Berge, hört, Sind, wie die weiland Kreter, faule Bäuche, Und nicht der STelle wert. Thüringens Berge zum Exempel bringen Gewächs sieht aus wie Wein; Ist´s aber nicht. Man kann dabei nicht singen, Dabei nicht fröhlich sein. Im Erzgebirge dürft Ihr auch nicht suchen, Wenn Ihr Wein finden wollt. Das bringt nur Silbererz und Koboldkuchen, Und etwas Lausegold. Der Blocksberg ist der lange Herr Philister, Er macht nur Wind wie der; Drum tanzen auch der Kuckuck und sein Küster Auf ihm die Kreuz und Quer. Am Rhein, am Rhein, da wachsen unsre Reben; Gesegnet sei der Rhein! Da wachsen sie am Ufer hin, und geben Und diesen Labewein. So trinkt ihn denn, und laßt uns allewege Uns freun und fröhlich sein! Und wüßten wir wo jemand traurig läge, Wir gäben ihm den Wein. Hussans Dedikation seiner Krieglieder an Ali Bey Dein Hussan sang dir diese Lieder, Fein frech und wahr nach seiner Art. Er sah oft als er sang auf seine Narben nieder, Und strich sich oft den Knebelbart. Motetto, als der erste Zahn durch war Victoria! Victoria! Der kleine weiße Zahn ist da. Du Mutter! komm, und groß und klein Im Hause! komm, und kuckt hinein, Und seht den hellen weißen Schein. Der Zahn soll Alexander heißen. Du liebes Kind! Gott halt ihn Dir gesund, Und geb Dir Zähne mehr in Deinen kleinen Mund, Und immer was dafür zu beißen! (184x346 Pixel / 4.414 Bytes)